10. November, 12.45 Uhr: Die Nationale Volksarmee 
in "erhöhter Gefechtsbereitschaft"

Parallel zu der überraschend schnellen Einrichtung neuer Grenzübergänge schon ab dem 10. November gab es in Teilen der militärischen Führung der DDR Bestrebungen, sich eine militärische Option zumindest offenzuhalten.

Als Reaktion auf die "Zuspitzung der Lage" verständigten sich Krenz und Verteidigungsminister Keßler [am 10. November] gegen 12.45 Uhr, Truppenteile der Nationalen Volksarmee in "erhöhte Gefechtsbereitschaft" zu versetzen, womit sie auf ein militärisches Eingreifen vorbereitet waren. [...] Hertle, Seite 252

In der Ausbildungsbasis 4 der Division in Beelitz bei Berlin wurden nach der Auslösung der Erhöhten Gefechtsbereitschaft die Waffen auf LKW verladen und die gesamte Kriegstechnik einsatzbereit gemacht. Die zum 1. November einberufenen Wehrpflichtigen waren zu diesem Zeitpunkt weder vereidigt noch an Waffen ausgebildet. Man werde ihnen "notfalls noch auf dem LKW den Umgang mit der Waffe beibringen" wurde den jungen Rekruten mitgeteilt. Am Abend des 10. November wurde die Einheit auf den Einsatzbefehl zur "Sicherung der Grenzanlagen" vorbereitet und am darauffolgenden Morgen [11. November] in einem Schnelldurchgang mit dem Gebrauch von Maschinenpistolen vertraut gemacht und in die Bedienung von Geschützen eingewiesen. [...] Hertle, Seite 258

Hierzu ein in der ZEIT  vom 1. Dezember 1995 veröffentlichter Leserbrief von Hanns-Christian Catenhusen, Berlin:

"Am 1. November 1989 wurde ich als Wehrdienstleistender in Beelitz zur NVA eingezogen. Alles befand sich bereits in ziemlicher Auflösungsstimmung. Wir sahen am Morgen des 10. November im Fernsehen die Bilder der geöffneten Grenze und hielten alle in diesem Moment die Macht der DDR-Regierung für erledigt. Doch alle packte die panische Angst, als um 14.00 Uhr erhöhte Gefechtsbereitschaft verhängt wurde. Die Waffen wurden auf die Lkw verladen, die ganze Kriegstechnik einsatzbereit gemacht. Wir Rekruten waren noch nicht vereidigt, hatten noch keine Waffe in der Hand gehalten. Doch man wies uns darauf hin, daß man uns notfalls noch auf dem Lkw den Umgang mit der Waffe beibringen würde. Zum Glück breitete sich schnell der Entschluß aus, im Ernstfall den Schießbefehl zu verweigern.

Um 21.50 Uhr wurden wir vorbereitet auf den Einsatzbefehl zur "Sicherung der Grenzanlagen" (und das war viel mehr als "nur" erhöhte Gefechtsbereitschaft). Uns wurde mitgeteilt, daß wir am 11. November im "Schnelldurchgang" an MPi und Geschützen (!) ausgebildet würden, wenn es bis dahin keine anderen Befehle gäbe. Und so geschah es dann auch - nach einer für alle unruhigen Nacht. Gegen Mittag wurde die erhöhte Gefechtsbereitschaft dann jedoch glücklicherweise aufgehoben. [...]"

Mit der Herstellung der Erhöhten Gefechtsbereitschaft in der 1. Motorisierten Schützendivison, im Luftsturmregiment 40 und im Grenzkommando Mitte standen zusammen mit dem alarmierten MfS-Wachregiment Feliks Dzierzynski drei Divisionen mit über 30.000 Soldaten bereit, die binnen kürzester Zeit in Gefechtshandlungen eintreten konnten. [...] Hertle, Seite 260

  Auszüge aus:
Hans-Hermann Hertle:
Der Fall der Mauer
Die unbeabsichtigte Selbstauflösung des SED-Staates
Westdeutscher Verlag,
Wiesbaden 1996
Überleitende Sätze und Anmerkungen sind kursiv geschrieben.


Nov. 10th 12.45 pm: East German troops on high alert

Parallel to the surprisingly rapid opening of new checkpoints the miltary leaders of the GDR prepared a military option to get control over the situation.

How serious these preparations were, is documented by the fact that even untrained recruts, who had no experience handling weapons so far were instructed in the use of maschine-guns in the morning of Nov. 11th.
 
 

 

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